Frauen lügen anders

Nirgendwo auf der Welt wird soviel gelogen wie bei Kerzenschein und besonders vor dem Gericht. Der Ort wo es einzig und allein um die Wahrheit gehen soll, ist die Lügenhochburg schlechthin. Gelogen wird trotz Eid und Schwur, trotz Ankündigung hoher Strafen, falls man anderes als die Wahrheit sagen sollte.

Schlaumeier sagen natürlich, das mit der Wahrheit ist, ungelogen,  so eine Sache. Was ist schon wahr? Und leben nicht viele Menschen in einer Scheinwelt, in Selbstlüge, so dass die Grenzen zwischen wahr und unwahr fließend werden und von vielen gar nicht mehr unterschieden werden können. Der früh geübte Satz, das Lügen kurze Beine haben, hat uns als Kinder wenig betrübt, denn obwohl wir herzhaft gelogen haben, stellte sich keine signifikante Wachstumsstörung ein.

Zur Zeit wird ja gelogen, das sich die Balken biegen. Der größte Meister seines Fachs, Kapitän Blaubär, bekommt Konkurrenz. Für ihn ist es Seemannsgarn, bei uns wird das  wunderbar umschrieben mit Erinnerungslücken, „Ist-mir-erst-später-wieder-eingefallen“,  „habe ich so nicht gewusst“ – „hatte mir keiner gesagt“,  „so gesehen war das nicht ganz korrekt“, „war ich nicht gewesen“. Es sind liebenswürdig stammelnde Versuche nicht zuzugeben, gelogen zu haben. Und wenn es nicht mehr anders geht, weil die Wahrheit auf dem Tisch liegt, ja dann wird mit dem Anflug größten Bedauerns gesagt, ich habe mich geirrt, es war nicht die ganze Wahrheit. Nur, daß es eine fette Lüge war, das sagt man nicht.

Es ranken sich um die Lügen die wunderbarsten Geschichten. Lügnern soll wie Pinoccio eine große lange Nase wachsen, damit sie immer daran erinnert werden. Oder sie sollen rot anlaufen im Gesicht, weil der gute Kern des Menschen sich weigert, reaktionslos zu lügen. Die wahren Lügenbarone aber flunkern so gut, daß sie am Ende selbst nicht mehr unterscheiden können, was nun Schein war und was Wahrheit.

Frauen lügen übrigens anders als Männer. Das Frauen lügen, war mir bis dato nicht bekannt. Frauen haben ein anderes Verhältnis zur Wahrheit und damit auch zur Lüge wie Männer, erzählt der österreichische Lügenforscher Peter Steignitz. Dürfen wir ihm glauben? Männer wollen nicht als Weichei gelten und kehren deshalb den Macho heraus, niemals würden sie weinen, niemals Angst haben und Fehler wären auch in ihrem Leben nicht vorgesehen. Die Enttarnung ist so einfach, daß man schon von dreistem Selbstbetrug sprechen muss. Frauen hingegen, so der Mentiologe lügen charmanter, sie sind vor allem Meister der Selbstlüge. Auf der nach oben offenen Lügenskala stehen ganz oben die falschen Angaben zu Gewicht und zum Alter, auch werde oft wegen der Kinder die schlechte Ehe schön geredet. Bei Männern ist die Nr.1 der Lügenhitparade die Frage nach der ehelichen Treue, die fast immer falsch beantwortet wird. Frauen also erleichtern sich das Leben mit den Lügen, Männer hingegen ermöglichen es sich damit. Es gibt natürlich auch das Phänomen der Notlüge. Wem würden wir schon bei der Begrüßung sagen, Mensch hast du aber zugelegt, obwohl es die grausame Wahrheit ist.

Ist womöglich die Wahrheit schlimmer als die Lüge. Wenn wir uns umschauen, dann gewinnen meist die, die im Täuschen die größten Fähigkeiten entwickeln. Liegt es am Ende daran, dass wir es nicht so genau wissen wollen, weil der Umgang mit der Wahrheit schwieriger ist als mit der gekonnt vorgetragenen Lüge. Halten wir uns also an den Grundsatz:

Immer die Wahrheit, aber die Wahrheit nicht immer.