Letzes Essen

Vielleicht ist die Kanzlerin Angela Merkel ja sensibler geworden, seit sie schon einmal mit einer Einladung zum Abendessens für Josef Ackermann im Wahlkampf große Empörung hergerufen hatte. Sie hatte Ackermann erlaubt, anlässlich seines 60. Geburtstages 30 Freunde einzuladen. Sie können sich denken, wen er mitgenommen hat. Kleinanleger, Lehman Brother Geschädigte waren nicht darunter. Keiner der das Wort Finanzkrise in den Mund nahm. Wer mag sich schon an seinem Hummerschwanz verschlucken. Nicht-Eingeladene, die gerne mal mit Ackermann ein Wörtchen gewechselt hätten, zischten hinterher, das Kanzleramt sei doch keine Eventagentur, kein Restaurantbetrieb für den höheren Geldadel.

Vielleicht deswegen wird das heutige Abschiedsessen im Kanzleramt auch ausgerichtet wie das alljährliche Weihnachtsessen, weil man so vermeiden kann, dass die Einladung als eine gönnerhafte Geste der Wahlsiegerin gegenüber den Verlierern aussehen könnte.

Die Bundeskanzlerin hat alle Minister eingeladen, die Staatsminister aus Kanzleramt und Auswärtigem Amt sowie die Regierungssprecher, nicht aber die parlamentarischen Staatssekretäre. Die Teilnahme ist freiwillig. aber freiwillig entgehen lassen wird sich das keiner. Weihnachtsessen im Oktober. Wird vielleicht gewichtelt? Verteilt die Kanzlerin ein paar Kleinigkeiten aus der Abstellkammer für liegengeblieben Kleinigkeiten, die nicht mehr in den Fundus unpassender Geschenke passten? Ein Lasso von George Bush für Peitschen Peer? Eine Mandalatrommel für die rote Heidi, die künftig mit knapp 10.000 Euro Rente weltweit auf Tour gehen und sich ein ganzes Percussionsensemble zusammenstellen kann. Eine handsignierte Bibel von Benedict XVI für Frank-Walter, damit er sich noch lange an seine Chefin erinnert. Denn was ihn bei der SPD erwartet, wird härter sein als jedes Fingerhakeln und Armdrücken am Koalitionstisch mit Mutti. Merkel serviert nun nicht ab, sie lässt servieren. Das hat Stil, das hat Klasse. Lässt sie Fingerfood herumreichen aus der Molekularküche, schließlich ist die Kanzlerin Physikerin? Danach frische Frühmast-Gänse aus den Wiesen der Uckermark im Salzmantel gebacken. Dazu Rotkäppchen und Schwarzriesling. Für die Vegetarier Kürbiscremesüppchen mit Sauerrahm, den man noch mal genüsslich selbst einrühren kann, bevor die großartigen Erfolge der Großen Koalition von der FDP im Mörser zermalmt und zerstossen werden.  

Und ganz am Ende folgt beim Ausstand der Abschied, oben auf der freien Balustrade mit Blick zum Reichstag und über den Tiergarten. Unten warten bei Käseschnittchen die Fahrer. Tiefensee hatt vielleicht schon seine Bewerbung für eine Autobahnmeisterei in der Nähe von Leipzig in der Tasche, Ulla Schmidt lässt sich für Yogakurse in Spanien schulen, Brigitte Zypries taucht ab im Ypsilanti Hessen, nur Peer geht am Ende noch einmal mit Merkel zum Téte à Téte in einen Nebenraum. Auf ihn mag sie nicht verzichten. Er soll am liebsten bleiben. Wer sonst soll die Kavallerie ausreiten lassen, wenn die FDP den Hammer zücken will. Â